Immer Montags zum Wochenbeginn gibt es von unserem Course Director Farid in seiner Hurghada Kolumne ganz persönliche Worte zum Leben in Hurghada und zu Themen rund ums Rote Meer. Mal humorvoll und auch mal ernsthaft möchten wir euch Einblicke in unser tägliches Leben hier in Ägypten geben.
Montag, 31.3.2014
Waffen wegnehmen und Boote zerstören
Und da war da noch in dieser Woche das Gespräch mit meinem Sohn Tamo… Tamo ist fünf Jahre alt und ein sehr grosser Delfin und Fisch Fan. Schliesslich ist er ein Hamburger Jung´und lebte, bis er vier Jahre alt war, am Roten Meer.
Nachdem wir letztens einen Bericht auf dem Kinderkanal über Wal und Walfang gesehen haben, war seine Aussage: Ich würde denen die Waffen wegnehmen und die Boote zerstören. Mein erster Reflex als Vater war natürlich der, dass man Konflikte nicht mit Gewalt löst also kurz gesagt: das politisch korrekte Statement.
Nachdem Tamo im Bett war, dachte ich aber noch einmal über seine Worte nach: „Waffen wegnehmen und die Boote zerstören“. Hmm, das ist ja eigentlich in etwa das, was die Organisation Sea Shepherd versucht. Die Umweltschützer haben sich der „aggressiven Gewaltlosigkeit“ verschrieben und haben seit ihrer Gründung bei ihren Aktionen noch nie jemanden verletzt aber sehr wohl Harpunen, Langleinen oder Waffen von Robbenjägern zerstört. Sea Shepherd ist keine Protestaktion, sondern greift direkt und aktiv ein. Viele ihrer spektakulären Aktionen gegen die japanische Walfangflotte sind mittlerweile bekannt und man kann diesem Mut nur Respekt und Applaus zollen … und natürlich Spenden!
Ich denke, es geht vielen von euch genauso wie mir. Irgendwie hat man den Glauben und die Geduld verloren, dass auf Verhandlungswegen und Konferenzen etwas zielgerichtetes und effektives in Sachen Umweltschutz beschlossen wird. Zu viele Lobbyisten und eine zu träge Bürokratie verbrauchen zu viel Zeit, die wir eigentlich nicht mehr haben. Der Schutz der Lebewesen in den Ozeanen und der Meere sollte für uns Taucher an oberster Stelle stehen. Ok, wir müssen nicht gleich das nächste Walfangboot entern, aber jeder von uns kann mit seinem Verhalten ein Vorbild sein. Wir nehmen nichts vom Grund mit (ausser es ist Müll), wir hetzen nicht Delfinen hinterher und wir achten darauf nichts zu berühren.
…und wenn das nicht klappt, kommt sonst Tamo vorbei ![]()
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Uno-Gericht verbietet Walfang in der Antarktis
Montag, 24.3.2014
Eine Stunde ist ein Tag
Mein Vater erzählte mir letztens die Geschichte, wie er als junger Maschinenbau Student zum ersten Mal nach Deutschland gekommen war. Zuerst ging es mit dem Schiff von Alexandria nach Genua; dort wurde der Zug bis Rom bestiegen um danach weiterzufahren bis nach München. Ab München ging es dann in Richtung Hamburg. Die gesamte Reise dauerte fünf Tage. Heute braucht man für die gleiche Strecke etwa fünf Stunden.
Schon lange gehen die Menschen auf Reisen – ob mit dem Flugzeug, dem Auto, der Bahn, per Schiff, in der Kutsche, hoch zu Ross, oder ganz einfach auf Schusters Rappen. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Geschwindigkeit und der Komfort beim Reisen aber extrem verändert. Das Flugzeug hat die Welt sehr viel kleiner werden lassen. Wo früher ein Tag lang gereist werden musste, legt man diese Strecke heute bequem per Flugzeug in einer Stunde zurück.
Die Welt wächst zusammen und so erscheint auch Afrika plötzlich sehr nah an Europa gelegen. Man kennt es ja: Reisen bildet – und so sind sich, auch schon vor den Zeiten der Globalisierung, Menschen fremder Länder näher gekommen. Viele unserer Stammgäste kommen mehrmals im Jahr zu uns ans Rote Meer und vielfach bestehen mittlerweile enge Verbindungen zu unseren Bootsbesatzungen. Da werden dann Spielzeuge für die Kinder mitgebracht und im Gegenzug trifft man sich auch mal ausserhalb des Basisbetriebs zum Essen. Siehe auch den Bericht über die Basi-Girls.
Und das ist eben auch ein wichtiger Punkt: Neben der eigenen Erholung geht es doch auch um den selbst erlebten Zugang zu anderen Kulturen. Und sei es nur in Form eines “Schwätzchens” mit dem Hotelkellner oder dem Taxifahrer. Umso schöner, dass heute eine Reise nach Ägypten keine fünf Tage mehr dauert, sondern nur noch weniger als fünf Stunden.
Montag, 17.3.2014
Gut Luft oder Diving is Fun?
Letztens kam ich in der Tauchbasis mit einem ein alten Stammgast ins Gespräch. Er zeigte mir sein altes Brevet von Poseidon Nemrod. Einem Verband, den heute wohl kaum noch jemand kennt. Wir fingen an über alte Zeiten zu reden und ich erinnerte mich deutlich wie einst geschimpft wurde. Die Tauchverbände waren sich ganz und gar nicht grün sondern jeder wollte der Beste sein und nicht nur das … der andere Verband war auf jeden Fall und garantiert eine ganz schlimme Vereinigung von Unterwasser Verbrechern. Das fing schon damit an wie man sich einen schönen Tauchgang wünschte. Die alten Recken wünschten sich „Gut Luft“ während die amerikanischen Verbände verkündeten „Diving is fun“.
Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Heutzutage werden nur noch selten abfällige Bemerkungen laut, wenn die Rede von der Tauchorganisation X oder Y ist. Und das ist auch gut so: Denn schliesslich teilen wir alle als Taucher die gleiche Leidenschaft und Begeisterung für die Unterwasserwelt. Als PADI Course Director bilde ich regelmässig Tauchlehrer aus – und ein durchgängiges Thema in meinen Kursen ist die Bitte nicht schlecht über die Kollegen anderer Verbände zu sprechen. Denn obwohl ich vom PADI Ansatz überzeugt bin, liegt es mir fern diese als allein selig machende Tauchausbildung anzusehen. Wie heisst es so schön: Ein Tauchkurs ist nur so gut wie der Tauchlehrer. Da ist es erst einmal zweitrangig ob da PADI, SSI oder CMAS auf dem Brevet steht.
Zuallererst muss der Tauchlehrer sich das Vertrauen seiner Schüler verdienen. Das ist auch ein weiterer Leitsatz in meiner Ausbildung: Niemals vergessen, das unsere Tauchschüler uns einen gewaltigen Vertrauensvorschuss geben – denn schliesslich vertrauen uns unsere Tauchschüler nicht weniger als ihr Leben an! Entsprechend gründlich und sorgfältig muss eine Tauchausbildung verlaufen. Denn ohne gute Tauchlehrer nützt einem der beste Verband nichts.
In diesem Sinne wünsche ich allen „Gut Luft“ denn „Diving is Fun“ !
Montag, 10.3.2014
Afrikanischer Regen
Schon seit einigen Tagen gab es in den ägyptischen Medien eine Unwetter Warnung. Starke Regenfälle waren für den Sonntag vorausgesagt. Wir waren also vorgewarnt und ich war gespannt, was passieren würde. Schon am Samstag Abend hatte es vereinzelte leichte Regenschauer gegeben. Das konnte mich als Hamburger Jung´nicht sonderlich beeindrucken, denn schliesslich bin ich ja mit dem berühmten Hamburger Schietwetter aufgewachsen. Doch was im Verlaufe des Sonntags passierte, fand selbst ich beachtlich.
Der Sonntag begann mit einem stahlgrauen Himmel, der sich stündlich weiter verdunkelte. Der angekündigte Regen liess am Vormittag noch auf sich warten, doch dann brach es am späten Nachmittag los. Sturzbachartige Regenfälle prasselten auf Hurghada nieder. Die Strassen waren sofort überschwemmt und das Wasser lief über Türschwellen und tropfte durch die Decken – leider auch durch meine. Schon am Vormittag fiel bei mir zu Hause der Strom aus und es wurden Kerzen und Campinglampen bereitgestellt.
Da die Bauweise hier mit der in Deutschland nicht zu vergleichen ist, enterte ich das Flachdach meines Bungalows. Bewaffnet mit einem Wasserschieber (im Volksmund auch „Flitsche“ genannt) nahm ich den Kampf mit den Elementen auf. Durch den Stromausfall war auch die Straßenbeleuchtung aus und in der Dunkelheit wurde „geflitscht“ was der Schieber hergab. Untermalt wurde das Ganze von Blitz und Donner. Nachdem der Regen nachgelassen hatte und ich auch wieder getrocknet war, machte ich mir erst einmal einen Tee. Kerzenschein hat ja durchaus etwas Gemütliches. Allerdings währte die Pause nur kurz. Denn kaum sass ich warm und trocken auf dem Sofa kündigte prasselnder Regen den nächsten Guss an. Also wieder in das nasse T-Shirt und in die durchweichte Hose und die Flitsche geschultert. So ging es vier Runden lang. Am späten Abend liess der Regen nach und die Nacht verlief ruhig. Am Morgen danach scheint nun wieder die Sonne und nur die Pfützen auf den Strassen sind noch übrig von diesem extremen Wettereignis. Ach ja, Strom habe ich noch keinen aber der kommt bestimmt auch wieder … inschallah.
Nachtrag: Schon am Vormittag des Folgetages war die Stromversorgung wieder hergestellt und die elektronischen Geräte verrichten wieder surrend ihren Dienst – Musik in meinen Ohren 😉
Montag, 3.3.2014
In der heutigen Kolumne und zum Monatsauftakt begrüssen wir einen Gastautor. James hat seine Sicht der aktuellen politischen Entwicklungen in einem Statement zusammengefasst:
Wir haben in den letzten Tagen Kontakt zu Tauchbasen auf der Sinai Halbinsel gehabt und dort war man sehr über die plötzliche Reisewarnung für den ganzen Sinai überrascht, da dort alles normal gewesen ist. Jetzt, im nachhinein, könnte diese Reisewarnung mit einer militärischen Operation im Norden der Sinai Halbinsel in Verbindung stehen,die letzte Woche stattfand.
Der Norden des Sinai ist schon seit vielen Jahren ein brenzliges Gebiet, allein schon durch die Nähe zu Israel und dem Gazastreifen. Der Sinai ist eine zerklüftete, bergige Landschaft und ist die Heimat der Beduinen, die schon immer sehr selbstständig gelebt haben. Hurghada, an der Festlandseite von Ägypten, ist dagegen ganz anders strukturiert. Die Stadt ist fast eine Enklave in Ägypten. Weit ab von den Großstädten im Nildelta leben hier so gut wie alle vom Tourismus. Die Stadt ist nur per Flugzeug oder über zwei Straßen erreichbar. Eine davon kommt führt aus dem Norden,von Cairo und Suez, nach Hurghada. Die andere führt aus der Stadt hinaus in den Süden (Richtung Safaga, Quesier und weiter hinüber ins Niltal). Hurghada ist durch den Tourismus weiter entwickelt als die meisten Städte in Ägypten und es besteht keine Nähe zu anderen Ländern. Wir hier haben eben nicht das Problem der Schmugglertunnel und liegen auch nicht in der Nähe zu den „Spannungsländern“, die sich im Norden des Sinai berühren. Obwohl der Sinai und die Festlandküste am Roten Meer zu einem Land gehören, unterscheiden sie sich erheblich in der politischen Wichtigkeit. Der Sinai unterliegt durch die verschiedenen Bevölkerungsgruppen und den damit verbundenen verschiedenen Interessen einer politischen Spannung, die es hier auf der Festlandseite, also in Hurghada, nicht gibt.
Der Umsturz der im Januar 2011 begann (und noch andauert) ist eine rein innenpolitische Angelegenheit, die keinerlei Auswirkungen auf den Toursimus hatte und hat. Hier versucht sich Ägypter A gegen den Ägypter B durchzusetzen, weil sie unterschiedlicher Meinung sind wer das Land führen soll. Der Tourist liegt am Strand, fährt Tauchen oder mit dem Nilschiff von Luxor nach Assuan, ohne das dies Auswirkungen auf seinen Urlaub hat, weil es ja nicht um den Urlauber im Land geht, sondern um die interne Streitigkeit wer das Land führen soll.
Der Anschlag auf den Bus in Taba, an der Grenze zu Israel, wurde nicht von einem Ägypter durchgeführt, sondern von einem Terroristen, davon sind hier alle Ägypter überzeugt. In den Nordsinai sind viele Radikale eingesickert, bzw. haben sich dort eingefunden, geschützt durch die Landschaft und die Besonderheiten des Sinai (Camp-David-Abkommen). Daher besteht dort eine ganz andere Gefährdung als sie im Rest des Landes gegeben ist.
In der obigen Schilderung habe ich versucht euch unsere Sichtweise und Einschätzung der Situation darzustellen. Wir hier sehen uns, aus eben den obigen Gründen, nicht als gefährdet an. Eine hundertprozentige Sicherheit aber kann man natürlich nicht geben, heutzutage weiß man nie was morgen irgendwo auf der Welt passieren wird. Das aktuelle Beispiel von dem Konflikt auf der Krim zwischen dem Olympia Gastgeber Russland und der Ukraine belegen dies eindrucksvoll.





