Immer Montags zum Wochenbeginn gibt es von unserem Course Director Farid ganz persönliche Worte zum Leben in Hurghada und zu Themen rund ums Rote Meer.
Mal humorvoll und auch mal ernsthaft möchten wir euch Einblicke in unser tägliches Leben hier in Ägypten geben.
Montag der 24.02.2014
Mein Buddy, das unbekannte Wesen
Wir alle wissen, Tauchen ist ein Partnersport. Viele Taucher geniessen es, gemeinsam mit ihrem Buddy die Unterwasserwelt zu erforschen. Wie heisst es doch so schön, geteilte Freude ist doppelte Freude. Dabei geht es im Buddy System ja eigentlich gar nicht in erster Linie um den doppelten Spass sondern um die doppelte Sicherheit. Im Fall der Fälle kann mich mein Partner mit Luft versorgen oder sogar zur Oberfläche bringen, falls ich dazu nicht mehr in der Lage sein sollte. Um das leisten zu können, muss ich mich aber darauf verlassen können, dass er aber auch in meiner Nähe ist. Und da fängt der vielbeschworene Widerspruch von Anspruch und Realität an.
Wenn ich mal wieder bei uns im Roten Meer so durch die Gegend tauche sehe ich doch stets wieder „Tauchpartner“, deren Buddy System einzig darin besteht im gleichen Meer unterwegs zu sein. Zwischen den Tauchpartnern hätte bequem ein U-Boot der ehemaligen Supermächte Platz. Nun gut, denke ich dann, tauchen geschieht auf eigenes Risiko und die meisten Taucher haben ja auch ein Alter erreicht in dem sie a) schon alleine einkaufen gehen können und b) sich des Risikos hoffentlich durchaus bewusst sind. Denn im Falle einer Notsituation kann es sonst durchaus schnell einmal heissen: Geteiltes Leid ist doppeltes Leid.
Oftmals ist es aber auch so, dass einer der Partner verzweifelt versucht das Buddy System aufrecht zu erhalten während der andere Partner anscheinend konstant versucht einen möglichst grossen Abstand zwischen sich und seinem „Verfolger“ zu bringen. Aber es ist doch so, dass man während eines Tauchgangs auch Verantwortung für seinen Buddy übernimmt. Denn wenn ich schon die unendliche Freiheit Unterwasser nur erleben kann, wenn der Buddy aus meiner Zwölf Meilen Zone bleibt, wäre es doch eine nette Geste auch meinem Tauch Amigo das Überleben zu ermöglichen. Also liebe Ego Taucher, seid nett zu eurem Partner und lasst ihn im Falle einer Luft-Ohne-Situation nicht zwanzig Meter gegen die Strömung zu euch schwimmen während ihr wiederum mit kräftigem Flossenschlag einem Thunfisch hinterherjagt. Denn ist es nicht doch so, wie Omas Spruch uns lehrt: Geteilte Freude ist doppelte Freude?!
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Montag der 17.02.2014
Rescue Kurs … leicht gemacht
Als ich mal wieder letztens auf dem Meer unterwegs war legte neben unserem Boot ein anderes an. Offensichtlich fand auf diesem Boot gerade ein Rescue Diver Kurs statt. Als stets neugieriger Tauchlehrer interessierte ich mich natürlich, wie der Kollege diesen Kurs gestaltet. Ich beobachtete wie das „Opfer“ in das Wasser stieg um nun gerettet zu werden. Ganz offensichtlich war das Opfer kein guter Schwimmer, denn nur etwa 15 Meter vom Boot des Retters entfernt fing dieses nun an wie wild mit den Armen zu gestikulieren. Der Rettungstaucher in spe lenkte daraufhin die Aufmerksamkeit auf sich indem er lautstark Sauerstoff, Handy, Verbandskasten, eine Decke, eine Flasche Wasser und sogar ein Handtuch verlangte. Ich vermutete stark, dass dies wohl die Rettungskette sein sollte. Danach stürzte sich der Retter in die Fluten um die sagenhafte Distanz von 15 Metern zu überbrücken. Dies gelang ihm auch, obwohl er doch die Flossen an Bord vergessen hatte. Der Transport des Opfers gestaltete sich nun etwas schwierig aber dennoch erreichte das Paar die Bootsleiter. Schlussendlich gelang es dem Retter sogar das Opfer an Bord zu hieven, auch wenn sich dieses dabei einige Beulen zuzog. Umso erschütterter war ich als ich beobachtete wie der Tauchlehrer dem vermeintlichen Retter die Hand hin streckte und tatsächlich sagte „Gut gemacht“.
Eigentlich liegt es mir fern, mich in die Arbeit von Kollegen einzumischen aber da platzte es förmlich aus mir heraus. Betont sachlich versuchte ich dem Tauchlehrer neben mir zu verdeutlichen, dass die eben gezeigte Leistung „suboptimal“ gewesen war und es in einigen Punkten vielleicht, „man solle mich ja nicht falsch verstehen“, ein wenig Nachbesserung nötig sein. Solche Gespräche verlangen durchaus ein diplomatisches Geschick, wie es sonst nur in internationalen Spitzengesprächen vorkommt 🙂
Ich denke und hoffe, dass ich dem Kollegen den Punkt, um den es mir ging, klarmachen konnte. Ein Rescue Diver Kurs soll Taucher auf Notfälle vorbereiten. Keine Simulation und kein Szenario kann einen wirklichen Notfall realitätsgetreu nachbilden. Aber was wir Tauchlehrer tun können, ist unsere Rescue Schüler in Situationen zu bringen die einen hohen Stresslevel aufweisen um sie bestmöglichst vorzubereiten. Ich nenne einen Rescue Lehrgang stets einen sportlich robusten Kurs. Für die meisten Taucher, die diesen Kurs gemacht haben ist er ein unvergessliches Erlebnis. Obwohl und grade weil er eben nicht leicht ist.
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Montag der 10.02.2014
Etwas Gutes, etwas Schlechtes …
In der letzten Woche gab es eine sehr gute und eine sehr schlechte Meldung.
Die gute Meldung zuerst: Das Reiseunternehmen TUI wird keine Reisen mehr zu Delfinarien und Orca Shows anbieten. Wir haben darüber berichtet.
Seit Jahren sind diese Shows extrem in der Kritik. Selbst ehemalige Trainer des grössten Anbieters dieser Shows in den USA kritisieren die Bedingungen der Haltung und des Trainings. Orcas pflegen komplexe Beziehungen und legen bis zu 160 km am Tag zurück. Bei SeaWorld führen Orcas im Austausch gegen Nahrung zirkusähnliche Tricks vor, schwimmen endlose Kreise in kleinen, kahlen Betonbecken. Anstatt unendliche Ozeane zu durchstreifen, siechen sie in Tümpeln vor sich hin. Die US-Doku „Blackfish“ berichtet eindrucksvoll und traurig zugleich über Verhaltensauffälligkeiten von in Delfinarien lebenden Orcas. Dass Protest etwas bringt zeigt jetzt TUI mit der Streichung von Reisen zu Delfinarien und Orca Shows aus ihrem Programm. Gut so, TUI und Glückwunsch zu diesem mutigen Schritt!
Die schlechte Nachricht der Woche kommt aus Australien. Dort hat die Regierung von Westaustralien beschlossen, Haie zum Abschuss freizugeben. Der Grund: gefahrloser Badespass an Australiens Stränden. Nach sieben tödlichen Hai Unfällen innerhalb von drei Jahren eröffnet die Regierung nun das Feuer auf die Haie. Zum Vergleich: Im letzten Jahr kamen auf Deutschlands Strassen 3290 Menschen ums Leben.
Kaum zu glauben, dass in der heutigen Zeit die Natur noch als Bedrohung empfunden wird. Da reibt sich der geneigte Leser verwundert die Augen und muss mal schnell einen Blick auf den Kalender werfen: Doch richtig, wir haben das Jahr 2014! Das alles erscheint wie aus fernen Zeiten als der Bibelsatz: „Macht Euch die Erde untertan!“ noch Gültigkeit hatte und als Motiv zur rücksichtslosen Ausbeutung der Natur dienen konnte. Aber liebe australische Regierung, seid ihr vielleicht einmal kurz auf die Idee gekommen, dass ein Eingriff in die Natur Folgen für das gesamte marine Ökosystem hat? Entsprechend beeindruckend ist die Aussage des Australiers Damon Kendrick. Er hat als 14-Jähriger beim Angriff eines Bullenhais einen Teil seines rechten Beins verlor. Kendrick ist der Ansicht, dass man nicht in die natürliche Ordnung des Meeres eingreifen dürfe. „Ich habe nie dem Hai die Schuld gegeben“, stellt der junge Mann klar. „Damals ist die Population der Bullenhaie geradezu explodiert. Ein Grund war, dass zu jener Zeit aktiv Jagd auf Weiße Haie gemacht wurde. Dadurch, dass der größte Raubfisch quasi aus dem Rennen genommen wurde, entstand ein Vakuum. Dieses hat der Bullenhai dann gefüllt.“
Das Beispiel der TUI zeigt, dass öffentlicher Druck Erfolg haben kann. Deshalb lasst uns hoffen, dass die Regierung Westaustraliens ihr Vorhaben, die Haie zu töten, aufgibt. Um den Verantwortlichen etwas auf die Sprünge zu helfen hier der Link zu einer online Petition.
Für uns Taucher gibt es wohl kaum ein schöneres Erlebnis, als die Begegnung mit Delfinen oder Haien. Nach solch einem Tauchgang ist einem sofort klar, dass diese faszinierenden Tiere geschützt werden müssen. Die Haltung der Meeressäuger in Delfinarien dient nur der kommerziellen Ausbeutung und ist Tierquälerei. Leider gibt es hier in Hurghada auch ein Delfinarium. Für solche Ausflugsangebote gibt es eigentlich nur eine Antwort: Nein, danke!
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Montag der 03.02.2014
Irgendwie anders …
Obwohl es schon etwas länger her ist, kann ich mich noch gut erinnern, als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal das Rote Meer besuchte. Sofort nachdem ich in Hurghada gelandet war, merkte ich, hier ist etwas irgendwie anders. Damit meinte ich nicht das quietschende und überlastete Gepäckband in der Ankunftshalle. Auch nicht die Gepäckwagen, die in alle Richtungen zu steuern schienen, ausser in diejenige, in die man wollte. Nein, es hatte etwas mit den Menschen hier zu tun. Die unglaubliche Gelassenheit mit der die Grenzbeamten die Pässe kontrollierten stand in einem krassen Gegensatz zu der betriebsamen Hektik der dort wartenden Touristen.
Dies hat sich bis heute nicht wirklich verändert. Als ich letztens mal wieder am Flughafen Hurghada ankam und mich in die Schlange vor dem Passschalter einreihte, hörte ich links und rechts von mir etwas mürrische Kommentare über die Arbeitsweise der Beamten. Mir kam es so vor, als ob die Menschen noch nicht im Urlaub angekommen waren – als ob der Urlaub erst jenseits der Passkontrolle anfangen würde. Denn nachdem ich am nächsten Morgen wieder auf der Tauchbasis war, sah ich zufällig dieselben Gäste bei uns auf der Basis. Ich weiss nicht, ob alleine die Nähe zum Meer und die ägyptische Sonne etwas zur Verwandlung beigetragen haben. Aber gut gelaunt und ohne Stress und Hektik schlenderten die Gäste in unser Office und wünschten einen Guten Morgen.
Ich lebe nun seit über zehn Jahren am Roten Meer und natürlich gibt es immer noch Momente, in denen ich von der ägyptischen Gelassenheit, sagen wir mal, irritiert bin. Das allgegenwärtige „Malesh“ – was soviel bedeutet wie „Da kann man nichts machen“ – bringt mich in manchen Situationen noch immer auf die sprichwörtliche Palme. Aber je länger man hier lebt, desto mehr unterscheidet man zwischen wichtigen Dingen und unserem rastlosem Perfektionismus und Pünktlichkeitswahn. Vielleicht sollten wir etwas von der Gelassenheit der Ägypter mit nach Europa nehmen.
Denn eins ist klar: Ägypten ist irgendwie anders … und das ist auch gut so.





3 Kommentare zu "Hurghada Kolumne Februar"