Ägyptische Hochzeit

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Unsere Tauchlehrerin Lucy hat vor kurzem geheiratet und ist gerade aus den Flitterwochen zurückgekehrt. Wer schon mal bei einer ägyptischen Hochzeit anwesend war weiss, dass dies etwas ganz Besonderes ist. Aber lest selbst, wie Lucy ihre ägyptische Hochzeit erlebt hat:

Wer schon mal eine ägyptische Hochzeit erlebt hat weiß, dass es ein ganz ausgefallenes Ereignis ist. Treffen zwei Kulturkreise aneinander, wird es natürlich noch spektakulärer. Und meine Hochzeit – die war völlig verrückt! Aber alles der Reihe nach…

Mein ägyptischer Ehemann Emad und ich kennen einander schon seit drei Jahren. Das ist hierzulande unüblich, denn meistens wird viel eher geheiratet. Wir machten seinen Teil der Familie wahnsinnig, in dem wir sie so lange warten ließen. Immer wieder wurde die Frage gestellt: Wann heiratet ihr endlich? Wir ließen uns aber nicht stressen und bereiteten alles schön langsam vor. Um so größer war die Freude, als wir endlich den Termin unserer Hochzeit festlegten und die Einladungen drucken ließen. Es waren fast zweihundert Stück. Diese Zahl sollte aber nicht über die tatsächliche Anzahl der Einzuladenden hinwegtäuschen. Man rechnet eher eine Einladung pro Familie, wobei die Meisten bloß mündlich eingeladen werden. Bei uns sollten es also ungefähr zweitausend Gäste werden. Ja, richtig gelesen. Zweitausend! Oder mehr, je nach dem, wer noch zusätzlich wen mitbringt. Eigentlich kann die Anzahl der Gäste gar nicht so richtig kontrolliert werden, denn so eine Hochzeit ist traditionsgemäß ein öffentliches Ereignis und jeder, der davon erfährt und Zeit hat, kommt einfach vorbei. Dafür gibt es kein gemeinsames Abendessen, wie es bei uns in Europa meist üblich ist. Wer soll denn die ganzen Leute füttern? Was man als Gast bekommt ist – wenn man Glück hat – ein Sitzplatz, ein Getränk und ein Stück Kuchen.

Dafür darf man einem Ereignis beiwohnen, bei dem einem das Hören und Sehen vergeht – hauptsächlich das Hören, denn es ist verdammt laut. Wenn die Ägypter eines richtig können, dann ist es feiern. Die Musik dröhnt, das Licht blitzt, die Menschen tanzen wie von allen guten Geistern verlassen. Nachdem man sich in der Kirche noch wohlerzogen gibt und mit gesenktem Haupt den Segen empfängt, stürzt man sich in die achterbahnartige Feier und hört erst auf, wenn einem endgültig schwindlig wird.

Für uns war das alles wie auf dem Karussell. Aus unserem geschmückten Auto ausgestiegen, wurden wir gleich von einer Art Tanzgruppe empfangen, die für uns alle möglichen Kunststücke a la ägyptisches Dorf vorführte. Riesige Fächer wurden geschwungen, Trommeln wurden getrommelt, Trompeten beblasen, Stöcke über unseren Köpfen geschwungen, brennende Fackeln hin und her gewedelt. Kaum setzten wir uns hin, wurden wir gleich wieder auf die Tanzfläche gezogen. Es wurde um uns herum getanzt, der Bräutigam wurde in die Höhe geworfen, Blüten wurden über uns gestreut, sogar ein menschliche Pferd ließ sich blicken und wollte von uns hin und her geführt werden. Hunderte von Menschen wollten uns alle umarmen und sich mit uns fotografieren lassen. Sie drückten uns ihre Kinder in den Arm, denn das bringt Glück. Überhaupt durften an diesem Abend die Kinder alle Erziehung vergessen und besinnungslos druchdrehen. Sie rannten herum, zupften an dem weißen Brautkleid, spielten mit dem Brautstrauß, bis von ihm nichts mehr übrig blieb.

Nur wenige Augenblicke sind für das Brautpaar allein reserviert: der langsame Tanz und das Anschneiden der riesigen mehrstöckigen Torte. Da wird die Musik plötzlich leise, das Licht gedimmt und für einige Augenblicke bleibt alles stehen. Jetzt erwacht das Brautpaar aus dem Trance und darf sich die Schönheit des Abends vergegenwärtigen. In den stillen Momenten konnten wir spüren, dass dies unser Tag war. Wir hatten uns das Jawort gegeben und Hunderte von Menschen sind gekommen, um es mit uns zu feiern. Ohne unser Zutun hatten sie das alles hier für uns organisiert. Diese Menschen, von denen ich so viele gar nicht kannte, sind gekommen, um mich in ihre Familie aufzunehmen. Aus tiefstem Herzen ließen sie an diesem Abend ihrer Freude freien Lauf und teilten unser Glück. Die Fackeln, die Tänzer, die Blumen waren der Ausdruck ihrer Liebe und ihres Frohsinns über unsere geschlossene Ehe. Obwohl ich inmitten dieses Spektakels ein manches Mal nicht mehr wusste, was mit mir geschah, empfand ich tiefe Dankbarkeit und unbeschreibliches Glück. Unsere beiden Familien und alle unsere Freunde versammelten sich um uns herum und gaben uns das Gefühl, wirklich besonders zu sein.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ausprechen an alle, die uns mit ihrem Besuch beehrten. Durch Euch ist dieser Tag ein unvergesslicher geworden. Wir fühlen uns so großzügig beschenkt, Euch zu unseren Freunden zählen zu dürfen.

In den Fotos habe ich Euch ein paar Eindrücke meiner ägyptischen Hochzeit zur Verfügung gestellt. Einfach oben rechts zum Blättern auf die weissen Punkte klicken.

Und noch ein kurzes schmunzelndes Statement an unsere Tauchgäste: nein, ich werde jetzt nicht zu Hause bleiben und am Herd stehen; ja, ich darf ganz normal weiter arbeiten und ich selbst sein; nein, ich muss kein Kopftuch über meinen Tauchanzug tragen und nein, ich werde ganz bestimmt keine fünf Kinder bekommen. Für Euch geht also alles wie gewohnt weiter: wir sehen uns unter Wasser!

Eure Lucy

Lucy-Flaschenpost

43 Kommentare zu "Ägyptische Hochzeit"

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